Den einfühlsamen Liedern von Mimi Müller-Westernhagen lauschten am Freitagabend rund 100 Gäste im Cafégarten des Krumker Kavaliershauses. Gebannt, hautnah und pur auf das Wesentliche reduziert.

Kavaliershaus Krumke Mimi Müller-Westernhagen / In the middle of Nüscht, Foto: Jana Henning

Hier hungert man nach so etwas; woanders ist man übersättigt? “Ja, stimmt
genau!”, darum ziehe es Stefan Baumann immer wieder ins Kavaliershaus. Zum einen als
Musiker beim orientalischen Jazzensemble “LebiDerya”, zum anderen als Künstleragent.
Beides eigentlich, so wie beim jüngsten Töne-und-Tropfen-Konzert im Kavaliershaus Krumke. Aber das spiele an Abenden wie diesem absolut keine Rolle, wischt der Bassklarinettist mit einer schnellen ausladenden Handbewegung die Frage beiseite. Wichtig seien doch nur zwei Dinge: die Zuhörer und die Musik. Da ist der Berliner voll in seinem Element, spricht aus Erfahrung. “Das Krumker Publikum ist einfach grundehrlich”, das spüre man sofort von der Bühne herunter, vergisst Baumann die “positiv lebendige Energie hier” aus zurückliegenden Auftritten nicht mehr und lädt seine Akkus damit genussvoll auf.

Oftmals kein Vergleich zum Erleben in Clubs der Großstadt, wo die Leute manchmal nur noch abgestumpft konsumieren würden. Im Vorbeigehen sozusagen.

“Da ist man nicht richtig miteinander verbunden.”

Darum hole er immer wieder gerne einen Künstler raus aufs Land. Manchmal auch sehr spontan; so wie zum “Wohnzimmerkonzert mit Mimi” – bürgerlicher Name: Sarah Müller-Westernhagen.

Kavaliershaus Krumke Mimi Müller-Westernhagen / In the middle of Nüscht, Foto: Jana HenningEine Randnotiz, mehr nicht, bitte nicht – auch wenn der Name natürlich Zugpferdcharakter
besitzt und einen Teil der etwa 100 Gäste an diesem warmen Sommerabend in den
lauschigen Cafégarten zieht. Mimi selbst reitet nicht drauf rum, erwähnt die Wurzeln als
Tochter des berühmten Vaters Marius mit keiner Silbe während des anderthalbstündigen
Open-Air-Konzerts vor den Toren Osterburgs. Nicht nötig. Die britische Popsängerin hat ihr
eigenes Zaumzeug dabei; galoppiert sicher mit enormer stimmlicher Brandbreite durch
größtenteils selbst komponierte Lieder. Sie hat ihr Handwerk gelernt, das musische Gen
geerbt vielleicht auch, doch da ist mehr. Etwas, das man selbst erfahren haben muss.

Die Sehnsucht nach einer Umarmung zum Beispiel kauft man der zwischen London und Berlin pendelnden Künstlerin im Lied und gleichnamigen Debütalbum “Road to Last Night” von 2011 ohne Frage als echt ab. Verzweiflung, Einsamkeit, Trauer, Wut, Hoffnung – Mimi setzt sich in ihren Songs mit allem was die Liebe so an Gefühlen mit sich bringt auseinander und zeigt dem aufmerksam, in zum Teil selbst mitgebrachten Garten- und Campingstühlen versunkenen Gästen damit vor allem

“the dark side of beeing in love”.

Ihr treuer Begleiter – die Akustikgitarre – scheint fast zu groß für die zarte Gestalt. Die besungenen Themen zu traurig für die zwischen den Liedern temperamentvoll auftretende, herzhaft lachende 30-Jährige.

Es beginnt mit einem zart ins Mikrophon gehauchten, unaufgeregten und fast scheuen
“Hallo, ich bin Mimi”, viel mehr Worte spreche die schon an der Seite von Till Brönner bei X-
Factor vor der Fernsehkamera Tätige nicht, denn “my german is terrible”. Und darum geht
sie mit Stefan Baumann nicht nur musikalisch via Bassklarinette in den Dialog. Die beiden
haben einen Draht zueinander. Auch persönlich. Das entgeht dem zum Schmunzeln
angeregten Publikum während der Deutsch-Englisch-Übersetzungen zwischen den gut 15
Liedern nicht. Überhaupt scheint niemand etwas verpassen zu wollen:

“Alle sind so aufmerksam dabei hier”,

das beeindrucke sie, gehe ihr ans Herz und sei sie erst recht von
Open-Air-Veranstaltungen gewohnt, wo “alles schnell mal auseinander fleddere.” Es endet
ähnlich wie es begann. Zart, unaufgeregt, allerdings mit einem Applaus ganz ohne Scheu
nach einer Zugabe, die passender nicht sein könnte “Don’t go…”

Kavaliershaus Krumke Mimi Müller-Westernhagen / In the middle of Nüscht, Foto: Jana Henning

Mehr als einen Grund, dem Kavaliershaus bald wieder einen Besuch abzustatten, wird es
demnächst in gedruckter Form nachzulesen geben. “Das neue Programm ist in Arbeit”,
berichtet die Chefin des Hauses Annegret Spillner, und soll Ende August zu haben sein.
Darin zu finden sei dann unter anderem eine Sherlock-Holmes-Lesung. Der Schauspieler für
TV und Bühne “klang am Telefon schon so überzeugend nach ‘Ich löse Ihren Fall'”, dass sie
überzeugt sei, damit eine gute Wahl getroffen zu haben. Und auch ein Wiedersehen mit
Künstlern der ersten Stunde werde es geben.

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